Alles über Zecken beim Waldbaden: Interview mit Zecken-Forscherin Dr. Dania Richter

Die Zecke ist einer der größten Gegner des Waldbadens. Denn auch wenn sie so klein ist, haben viele Menschen Angst vor diesem wundersamen Parasiten. Mit Wissen haben wir die Möglichkeit, Angst in Respekt umzuwandeln und unsere (Körper-) Wahrnehmung zu schulen, um möglichen Risiken vorzubeugen. Je mehr wir die Zecken kennen, wo man ihnen begegnet, wie man sich schützen kann und wie gefährlich oder nützlich sie eigentlich sind, desto besser können wir sie auch beim Waldbaden vermeiden.

Ich freue mich daher sehr, in meinem Waldbaden Blog das ausführliche Interview mit Deutschlands Zecken-Expertin und Forscherin Dr. Dania Richter mit dir zu teilen. Hier werden nicht nur die Fragen rund um das Thema Zecke beantwortet, sondern du erhältst sehr faszinierendes und überraschendes Hintergrundwissen aus zwanzig Jahren Zeckenforschung. Es geht unter anderem darum, wann, wo und warum Zecken aktiv sind, wie viel Zeit wir nach einem Zeckenbiss haben, wieviel Prozent der Zecken Lyme-Borreliose-Erreger übertragen und weshalb auch Zecken ihren Platz und Zweck in unserem Ökosystem haben.

Zecken übertragen Erreger

Zecken werden niemals aussterben und sind als Parasiten nicht gefährlich für den Menschen

Zunächst sollten wir uns einmal bewusst machen, dass die Zecke als blutsaugender Parasit für Menschen und Tiere an sich überhaupt nicht gefährlich ist. Es werden nie so viele Zecken an uns saugen können, dass sie einen ernsthaften Energie- und Nährstoffverlust verursachen. Erst durch die Erreger, die sie während ihrer Blutmahlzeit durch den Speichel übertragen kann, wird sie für uns zu einer potenziellen Gefahr. Denn manche dieser Erreger, wie z.B. die Lyme-Borreliose, sind nicht an uns angepasst und wir können ernsthafte, langfristige Krankheitssymptome entwickeln.

Wenn wir über „die Zecke“ reden, dann meinen wir den ca. halben bis fünf Millimeter kleinen „Gemeinen Holzbock“, dem wir am häufigsten im Wald begegnen. Er ist ein Generalist und saugt an den verschiedensten Wirtstieren, wie Nagetieren, Eidechsen, Vögeln, Hunde, Katzen, Igeln, Rehen, Ziegen, Schafen, Rindern u.v.m. Sie hat genug Futter und wird höchstwahrscheinlich nie aussterben, denn sie hat sich schon seit mehr als 50 Millionen Jahren an ihre Umwelt angepasst und ist ein Erfolgsmodell der Evolution. Zecken sind übrigens keine Insekten, sondern gehören aufgrund ihrer acht Beine zu den Spinnentieren.

Zecken sind aktiv in Abhängigkeit von Außentemperatur und Feuchtigkeit

Immer trockenere Sommer sind ein Problem für den Gemeinen Holzbock, denn er mag es warm, feucht und schattig. Deswegen ist seine Aktivität von April bis Juni normalerweise am höchsten. In dieser Zeit sind diese Zecken heißhungrig und lassen sich kaum von der Haut entfernen. Je trockener oder kühler es jedoch ist, desto weniger aktiv ist die Zecke. Sie sitzt dann eher träge in ihrer Warteposition auf Grashalmen sowie in Sträucher. Es gibt eine alte Beobachtung, die noch wissenschaftlich überprüft werden muss, dass wenn es nach dem Winter wieder sieben Tage lang über sieben Grad ist, die Zecke wieder auf Wirtssuche geht. Sie werden hungriger und strecken ihr erstes Beinpaar aktiv in die Luft aus, denn hier sitzt ihr Riechorgan. Die Zecke hat keinen Kopf mit einer Nase, sondern nimmt Gerüche mit dem sogenannten Hallerschen Organ an den Vorderbeinen wahr. Sobald es jedoch zu heiß und trocken wird, geht es wieder runter mit der Aktivität. Daher sind unsere immer trockeneren Sommer eine richtige Herausforderung für den Gemeinen Holzbock.

Sind Zecken gefährlich?

Lyme-Borrelien werden nicht sofort übertragen und Zecken können gefahrlos innerhalb von 20 Stunden entfernt werden.

Es gibt ein Zeitfenster, in dem du die Zecke ohne Gefahr bzgl. Lyme-Borreliose entfernen kannst. Daher ist es so wichtig, sich direkt nach dem Waldbesuch abzusuchen und aufmerksam zu bleiben. Zecken durchlaufen drei Stadien, bis sie vollständig entwickelt sind. Als junge, einen halben Millimeter kleine Zeckenlarve tragen sie noch keine Lyme-Borrelien in sich. Erst wenn die Larve an einem infizierten Tier saugt, kann sie den Erreger aufnehmen. Sie saugt sich voll, fällt ab, entwickelt sich, und häutet sich aus ihrer Larvenhülle und in das zweite Stadium, die Nymphe. Die Lyme-Borrelien sitzen dann noch inaktiv im Mitteldarm der Zeckennymphe. Erst wenn sie einen Wirt gefunden hat und mit dem Blutsaugen beginnt, erhalten die Erreger im Mitteldarm das Signal sich zu teilen und zu vermehren. Sie lösen sich, wandern Richtung Speicheldrüsen und werden dort mit dem Speichel an den Wirt übertragen. Dieser Prozess dauert, laut Untersuchungen im Labor, ca. 20 Stunden. Einige Menschen haben sogar ein Frühwarnsystem. Bei ihnen entsteht ein unangenehmer Juckreiz, der ca. 6 bis 8 Stunden nach Beginn des Zeckenbisses beginnt. Damit befindet sich der Betroffene noch in einem sicheren Zeitfenster, in dem die Zecke entfernt werden kann, ohne dass Lyme-Borrelien übertragen werden. Der Juckreiz dauert nach der Entfernung trotzdem noch ein paar Tage an. Wiederum andere Menschen spüren, wenn die Zecke anfängt, sich in die Haut zu bohren, eine elektrische Ladung bzw. ein Zucken im Körper und bemerken die Zecken, wenn sie über die Haut läuft. Das letzte Stadium ist das des hungrigen Weibchens, das Lyme-Borrelien ebenfalls wie beschrieben übertragen werden kann.  Die Männchen docken, wenn überhaupt, nur ganz kurz an und spielen bei der Übertragung von Krankheitserregern keine Rolle.

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Zecken können sich durch z.B. Rinder und Ziegen von Lyme-Borreliose-Erregern befreien.

Wenn eine Zeckenlarve beispielsweise an einer infizierten Maus saugt, lassen sich die Erreger wie oben beschrieben im Mitteldarm nieder. Zwei bis drei Monate nach ihrer Blutmahlzeit hat sie sich zur Zeckennymphe weiterentwickelt und sucht einen neuen Wirt zum Blutsaugen. Wenn dieser diesmal z.B. ein Rind, Reh, Ziege oder ein anderer Wiederkäuer ist, kann sie diesen nicht infizieren. Während der Blutmahlzeit verschwinden sogar die Erreger im Mitteldarm der zuvor noch infizierten Zecke und sind nicht mal mehr mit ihrer Erbsubstanz nachweisbar. Deshalb sind Zecken, die auf Weiden von Wiederkäuern vorkommen, mit hoher Wahrscheinlichkeit ungefährlicher für uns. Andernorts geht man davon aus, dass jede dritte bis vierte Zecke, also 25 bis 30 Prozent der Zecken mit dem Erreger der Lyme-Borreliose infiziert sind.

Anders ist es jedoch bei den (selteneren) FSME-Viren, denn diese sind von Anfang an überall in der Zecke verteilt. Sie müssen nicht erst einen Entwicklungszyklus durchlaufen und können theoretisch direkt beim Zeckenbiss über die Speicheldrüsen in den Wirt übertragen werden. Die Infektionsrate der FSME-Viren liegt jedoch, in den Gebieten, in denen sie in Zecken vorkommen, im einstelligen Prozent- bzw. im Promillebereich.

Was ist eine Zecke?

Welchen Sinn hat die Zecke im Ökosystem?

Die große Frage ist, warum die Zecke so viele Millionen Jahre überlebt hat. Können wir Menschen bzw. unser Ökosystem nicht auch ohne die Zecke gut auskommen? Die Zecke ist sowohl ein wichtiger Überträger für Erreger als auch Wirt für andere Parasiten wie z.B. eine bestimmte parasitoide Erzwespe bzw. Schlupfwespe, die auf Zecken spezialisiert ist. Diese zwei Millimeter kleine Wespe kann ihre Eier nur in Zecken legen. Sobald diese sich mit Blut vollsaugt und vom Wirt abfällt, entwickelt sie sich dann nicht in das nächste Zecken-Stadium weiter, sondern wird von den Wespenlarven von innen aufgefressen. Sie entwickeln sich innerhalb der Zecke von der Larve zur Wespe und zu gegebener Zeit beißen sich acht bis zwölf Wespen ihren Weg nach draußen und schlüpfen. Der Parasit wird parasitiert, und die Wespe ist dabei ein Parasitoid, weil sie ihren Wirt tötet. Ohne Zecken würde es diese Art von Schlupfwespen nicht geben, die wiederum Aufgaben im Ökosystem haben und auch für andere Tiere als Nahrungsmittel dienen.

Die Zecken Artikelreihe mit Dr. Dania Richter

Im nächsten Artikel dieser Reihe über Zecken und Waldbaden mit Dr. Dania Richter erfährst du alles darüber, wie du dich vor Zecken im Wald und in der Natur schützen kannst. Du erhältst einen faszinierenden Einblick in den aktuellen Stand der Zeckenforschung und Antworten auf viele Fragen: Warum sind manche Menschen attraktiver für Zecken als andere? Wie bohrt die Zecke sich in die Haut, um dort tagelang zu saugen? Was musst du tun, wenn du eine Zecke an dir findest? Wie macht sich Lyme-Borreliose bemerkbar?

Hier geht es zum 2. Teil der Artikelreihe: https://achtsamewalderlebnisse.de/zeckenschutz/

Hier findest du mehr Informationen über Dr. Dania Richter und ihre Forschungsarbeit an der TU Braunschweig: https://www.tu-braunschweig.de/geooekologie/institut/usa/mitarbeiterinnen/dr-dania-richter#

 

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